Montag, 24. Dezember 2007

(Hohes) Gedicht zu Weihnachten

Falls jemandem noch das richtige Werk für den weihnachtlichen Vortrag vor dem Tannenbaum fehlt, bitteschön:

LG Frankfurt, Urteil v. 17.02.1982 - 2/22 O 495/81, NJW 1982, 650

Auch eine Mahnung in Versen begründet Verzug;
der Gläubiger muß nur deutlich genug
darin dem Schuldner sagen,
das Ausbleiben der Leistung werde Folgen haben.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Maklerlohn begehrt der Kläger
mit der Begründung, daß nach reger
Tätigkeit er dem Beklagten
Räume nachgewiesen, die behagten.

Nach Abschluß eines Mietvertrages
habe er seine Rechnung eines Tages
dem Beklagten übersandt;
der habe darauf nichts eingewandt.

Bezahlt jedoch habe der Beklagte nicht.
Deshalb habe er an ihn ein Schreiben gericht`.
Darin heißt es unter anderem wörtlich
(und das ist für die Entscheidung erheblich):

"Das Mahnen, Herr, ist eine schwere Kunst!
Sie werden`s oft am eigenen Leib verspüren.
Man will das Geld, doch will man auch die Gunst
des werten Kunden nicht verlieren.

Allein der Stand der Kasse zwingt uns doch,
ein kurz` Gesuch bei Ihnen einzureichen:
Sie möchten uns, wenn möglich heute noch,
die unten aufgeführte Schuld begleichen."

Da der Beklagte nicht zur Sitzung erschien,
wurde auf Antrag des Klägers gegen ihn
dieses Versäumnisurteil erlassen.
Fraglich war nur, wie der Tenor zu fassen.

Der Zinsen wegen! Ist zum Eintritt des Verzug`
der Wortlaut obigen Schreibens deutlich genug?
Oder kommt eine Mahnung nicht in Betracht,
wenn ein Gläubiger den Anspruch in Versen geltend macht?

Die Kammer jedenfalls stört sich nicht dran
und meint, nicht auf die Form, den Inhalt kommt`s an.
Eine Mahnung bedarf nach ständiger Rechtsprechung
weder bestimmter Androhung noch Fristsetzung.

Doch muß der Gläubiger dem Schuldner sagen,
das Ausbleiben der Leistung werde Folgen haben.
Das geschah hier! Trotz vordergründiger Heiterkeit
fehlt dem Schreiben nicht die nötige Ernstlichkeit.

Denn der Beklagte konnte dem Schreiben entnehmen,
er müsse sich endlich zur Zahlung bequemen,
der Kläger sei - nach so langer Zeit -
zu weiterem Warten nicht mehr bereit.

Folglich kann der Kläger Zinsen verlangen,
die mit den Zugang des Briefs zu laufen anfangen.
Der Zinsausspruch im Tenor ist also richtig.
Dies darzulegen erschien der Kammer wichtig.

Wegen der Entscheidung über die Zinsen
wird auf §§ 284, 286, 288 BGB verwiesen.
Vollstreckbarkeit, Kosten beruhen auf ZPO-
Paragraphen 91, 708 Nummer Zwo.
Glücklicherweise hat das Urhebergesetz sogar mit schöpferischen Richtern gerechnet: § 5 UrhG versagt amtlichen Entscheidungen urheberrechtlichen Schutz.

Fröhliche Weihnachten!

Donnerstag, 20. Dezember 2007

"Mein Rand? 32mal die große breite Taste drücken!"

Eine ähnliche Aussage aus dem Auditorium (freilich - ich übertreibe hier) veranlasste mich dazu, die grundlegenden Wordfunktionen in eine Art Schritt-für-Schritt-Anleitung zusammenzufassen. Dazu gibt es ein paar Tips sowie einen Abschnitt für die Fehlersuche ("Troubleshooting").

Grammatische Dramen: Konjunktiv und Genitiv

Was der Dativ dem Genitiv seins ist, dürfte der Konjunktiv (hier als Variante II gebraucht) für die Klausur darstellen. Der gedankliche Hintergrund von "müsste" und "könnte" ist das eine. Die grammatisch korrekte Anwendung in der Klausur das andere - erklärt wird sie in diesem Dokument.
Dazu gehören auch Anmerkungen zum Genitiv: Warum ist es nur falsch zu sagen, dass jemand einer Tat strafbar ist?

Donnerstag, 6. Dezember 2007

Die Mär vom Mantra: "Obersatz, Definition, Subsumtion, Ergebnis"

Über meine Examensklausurblätter habe ich noch stets das o.g. Mantra geschrieben. Dazu den Satz: "Ich bin eine Subsumtionsmaschine." Dennoch beschreiben diese vier Begriffe nur allzu ungenau den Gedankengang des Gutachtens. Denn:

1. Wer Obersatz sagt, muss auch Untersatz sagen (es sind Begriffe aus der Logik).

2. Vor der Subsumtion muss nicht unbedingt eine “Definition” stehen: Im Zivilrecht und Staatsrecht lässt sich die Lösung häufig nur durch eine Untersuchung der Interessenlage erarbeiten. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen schafft die Vorgabe (“Obersatz” im technischen Sinne der Logik), anhand welcher der Sachverhalt (“Untersatz”) geprüft wird. Dies kann auch einen Streitentscheid erfordern - ist die Streitdarstellung etwa Teil der Definition?

3. Bevor die Prüfvorgabe in Form des Obersatzes entfaltet wird, muss dem Leser das Prüfmerkmal genannt werden. Dies kann man "Einstieg", "These", "Theorie" oder "mögliches Ergebnis" nennen - aber eben nicht "Obersatz".

4. Der Gesamtvorgang ist die methodische Unterordnung, also die Subsumtion.

Mein Vorschlag für ein besseres Mantra lautet daher: “Einstieg, Obersatz, Untersatz, Ergebnis”.

Siehe ähnlich u.a.:

  • Schmalz, Methodik, Rn. 494
  • Steinberger, Methodenlehre, Rn. 12
Ungenau (bzw. falsch) ist daher auch dieser Eintrag der Wikipedia (hier noch einmal zitiert, falls jemand den Eintrag korrigiert):

Die Subsumtion läuft in vier – oft nur gedanklich vollzogenen – Schritten ab:

Subsumtionsfrage: Kann V gemäß § 433 Abs. 2 BGB von K Zahlung des Kaufpreises verlangen?


1. Schritt (Obersatz): Das setzt voraus, dass V und K einen Kaufvertrag über das Auto abgeschlossen haben.
2. Schritt (Definition): Ein Vertrag ist eine Willenseinigung, genauer die inhaltlich übereinstimmenden und in Bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen von zwei oder mehr Personen.
3. Schritt (Subsumtion): V und K haben sich darüber geeinigt, dass V dem K das Auto gegen Zahlung von Geld übereignen sollte.
4. Schritt (Conclusio): Also haben V und K einen Kaufvertrag geschlossen.

Zitatende, Farbgebung von mir. Schön zeigt sich, wohin unpräziser Sprachgebrauch führt:

1. Falsche Definition: Weil der Verfasser sein Kaufpreis-Beispiel in das falsche Schema zwängen wollte, brauchte er unbedingt eine "Definition". Er definiert aber nicht Kaufvertrag (wie angekündigt - dann müsste er die Norm abschreiben), sondern "Einigung".

2. Keine Subsumtion: Subsumiert wurde in diesem Beispiel überhaupt nicht, jedenfalls nicht unter die "Definition". Die angebliche "Subsumtion" ist lediglich eine Feststellung, dass V und K sich geeignigt haben. Auf die Bestandteile der "Definition" "Willenserklärung" und "Bezug aufeinander" wird überhaupt nicht eingegangen - warum sie dann in der "Definition" genannt werden, bleibt Wikipedia's Geheimnis. Offenbar war der Fall nicht problematisch. Die Definition ist damit sogar doppelt fehl am Platze. Wichtig war hier nur der Inhalt der Einigung.

3. Falsches Ergebnis: Beantwortet ("Conclusio") wird schließlich nicht die "Subsumtionsfrage", ob der Kaufpreis verlangt werden kann, sondern ob ein Kaufvertrag geschlossen wurde. Das Ergebnis bleibt damit zumindest ungenannt - abgesehen davon, dass noch andere Prüfpunkte denkbar wären (Wirksamkeit des Vertrages, Durchsetzbarkeit etc.).

Warum die Verwendung der Wikipedia dennoch kein Grundübel sein muss, lest bitte hier.

Mittwoch, 28. November 2007

Klausuren-Troubleshooting: Die wichtigsten Fragen zum Gutachtenstil

Troubleshooting“ ist der englische Begriff für „Fehleranalyse“ – im deutschen Wort wird jedoch die Eigenart des Troubleshootings als besonderer Problemlöseansatz nicht hinreichend deutlich: Es geht um das gezielte Beantworten nur der häufigsten Probleme (auch FAQ – frequently asked questions). Ich habe Eure häufigsten Fragen gesammelt und so kurz wie möglich beantwortet.

Unter dem Thema "Klausuren-Troubleshooting" (rechts) befinden sich ab sofort alle Beiträge (werden gelegentlich aktualisiert).

Zur Druckversion Klausuren-Troubleshooting: Hier rechtsklicken und danach "Ziel speichern unter" wählen.

Eine Frage des Stils: Gutachten, Urteil oder Feststellung?

Zu den verschiedenen Möglichkeiten, im Gutachten zu formulieren findet ihr hier eine tabellarische Übersicht.
Sie dient nicht dazu, auswendiggelernt zu werden. Doch erlaubt sie, das Bewusstsein für die unterschiedlichen Stilformen zu schärfen und sich folglich bewusster für den einen oder anderen Stil zu entscheiden.
Sehr relevant für die Schwerpunktsetzung.

Montag, 26. November 2007

Alternative zu MS Word: OpenOffice

Aufgrund des regen Interesses an Alternativen zu Word und insbesondere dem kostenlosen Programm "OpenOffice":

Was ist OpenOffice?
OpenOffice ist ein Programmpaket, quasi die kostenlose Variante des Microsoft Office-Pakets (einschließlich Tabellenkalkulation, Präsentationsprogramm etc.) - aber es ist sog. OpenSource-Software. Ihr Quellcode ist offen und darf be- und verarbeitet werden - das übernehmen ehrenamtliche Programmierer. Mehr dazu in der Wikipedia. Alles was ihr mit Microsoft bearbeitet habt, kann mit OpenOffice ("OO") geöffnet, bearbeitet und abgespeichert werden. Bei gewöhnlichen Dokumenten gibt es keinerlei Schwierigkeiten, im Einzelfall - bei Grafiken etc., leider auch bei Fußnoten - ist dies anders.

Ist die Umstellung schwierig?
Es ist eine Umstellung - aber keine schwierige. Nach einer kurzen Einarbeitung (nach Möglichkeit nicht während der Hausarbeit versuchen!) läuft alles wie gewohnt.

Warum wechseln?
OO ist meiner subjektiven Erfahrung nach absturzsicherer. Es ist kostenlos - dadurch könnt ihr euch immer die aktuellste Version leisten. Der Writer ("Word") kann PDF-Dateien erstellen - ohne umständliches Zusatzprogramm, sondern einfach per Knopfdruck. Natürlich sind diverse andere Formate - darunter auch Microsoft Words ".doc" - enthalten. Ein Computerfachmann erklärte mir kürzlich, dass Word beim Ändern des Druckertreibers an den Rändern herumspiele - eine unangenehme Erfahrung, kurz vor Fristablauf. Für manche mag die neue Oberfläche von Word Vista auch ein Grund zum Wechseln sein.
Ich habe mein Examenshausarbeit mit OO geschrieben - und habe es nicht bereut.

Update: Siehe auch: "entsetzlich umständlich, unlogisch und unstrukturiert"

Was spricht gegen OpenOffice?
Gegen einen Wechsel spricht, dass es sich tatsächlich um eine Veränderung handelt - Menschen sind Gewohnheitstiere.
Zudem arbeitet die Mehrzahl der Menschen mit MS Word und eine Zusammenarbeit zwischen den Systemen ist nicht ratsam.

Wo bekomme ich es her?
Zum Download geht es hier.

Andere Programme:
OpenOffice ist fast dasselbe wie "StarOffice". Letzteres kostet jedoch Geld, es sei denn ihr ladet das Programm mit dem "Google Pack" herunter (dazu ein Artikel der PC-Welt).

Ein Artikel der Zeitschrift c't zum Thema "Riesentexte" mit OpenOffice ist auf heise.de abrufbar.

Es gibt weitere Programme, aber ich kenne keines mit einer ähnlichen Verbreitung wie OO.

Abtönen heißt Abtörnen

Abtönungswörter sind halt so Wörter, die aber auch gar nichts in einem Gutachten zu suchen haben. Sie werden überhaupt überbewertet. Und weil sie dazu dienen, Erwartungen des Urhebers auszudrücken, passen sie doch gerade nicht in einen juristischen Text und können eben weggelassen werden.

Argumente leben von ihrer juristischen Überzeugungskraft - nicht von einem Abtönungswort.

Mehr Details zu dieser Wortgruppe gibt es kostenlos bei canoo.

Mittwoch, 21. November 2007

Zuschlag! Die Fakultät auf dem Weg nach China

Das Abendblatt berichtet über die geplante EU-China-Law School in China. Gestern feierte die juristische Fakultät der Universität Hamburg den Zuschlag der Kommission (17,7 Mio Euro).

Montag, 19. November 2007

Veranstaltungshinweis

Am Mittwoch, 28.11. wird Dr. Stefan Greiner (Universität zu Köln) zum Streikrecht
der Lokführer und anderer Schlüsselberufe
einen Vortrag mit anschließender Diskussion halten (14 Uhr c.t., Rechtshaus
Hörsaal).

Der erste Satz entscheidet.

Eine befreundete Ex-Staatsanwältin und Korrektorin schrieb als Anmerkung häufig "SOS!" neben die Klausur - das war nicht etwa melodramatisch gemeint. Es steht für: "Scheiß-Obersatz!" Dieser (bzw. korrekt: der Einstiegssatz) muss Spannung erzeugen. Diese Spannung entsteht durch zwei Elemente:

1. Die Rechtsfolge
2. Den Anknüpfungspunkt (im Sachverhalt)

Also nicht:
"Hier könnte man an § 212 I StGB denken."

Der Leser fragt: "Aha, und warum?" Sondern:
"Möglicherweise hat sich A wegen Totschlags gem. § 212 I StGB strafbar gemacht, indem er den B mit dem Marmoraschenbecher schlug."

Das hat auch etwas mit Erzählkunst zu tun. Traditionelle Geschichtenerzähler mussten das Publikum auf Marktplätzen fesseln - sonst geht es an ihm vorbei. Romane müssen spannend beginnen und zum Weiterlesen animieren. Dazu ein nettes Gimmick der "Welt": Sie hat die ersten Sätze von Romanen gesammelt. Bei welcher Zeile lesen Sie weiter?

"Man könnte sich nun Gregor Samsa ansehen."

...oder beim kafkaschen Original?

"Als Gregor Samsa eines Morgens aus seinen unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt."


Folien 2 + 3

Liebe Textergemeinde,

die Folien-Auszüge (2 + 3) sind online...

Samstag, 17. November 2007

Buchtip: Recht A-Z

Wem der "Creifelds" zu teuer ist, kann für 4 Euro den Band Recht A-Z über die Bundeszentrale für politische Bildung beziehen.

Montag, 12. November 2007

Bohlen ein Künstler

- es kommt bei Begriffen eben auf den Bedeutungszusammenhang an: Informationen von Arbeit und Arbeitsrecht - Aktuell.

Mittwoch, 7. November 2007

Folien

Auszüge aus den Powerpointfolien der ersten Veranstaltung können hier abgerufen werden.

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Jura abbrechen?

Wenn Sie das vorhaben, kann mit Glück dennoch etwas aus Ihnen werden - zum Beispiel ein "Prozesshansel" (Spiegel Online).

Update: Vorher bitte noch hier vorbeischauen.

Dienstag, 16. Oktober 2007

"h.M., vgl. nur Wikipedia?"

Die Wikipedia wird von Juristen und anderen sich ernstnehmenden Menschen häufig etwas stiefmütterlich beäugt. Das Klischee sagt, ein betonharter Jurist könne sich nicht auf ein dermaßen flüchtiges und geradezu obszön offenes Medium stützen - ist er doch oberschenkeldicke Bücher gewöhnt.
In Wirklichkeit sind gerade die Wikipedia-Artikel zu Rechtsthemen von außergewöhnlicher Qualität - ganz im Gegensatz zur Grütze, die aus so manch einem Rechts-Forum tropft.

Dies wird nun wohl zunehmend auch durch Gerichte erkannt: RA Henning Krieg (Bird&Bird) berichtet unter Verweis auf Telemedicus von der vermehrten Nutzung des Mitmach-Lexikons durch deutsche Gerichte. Die ganze Liste gibt es bei... na, Sie wissen schon.

Dennoch gilt für Hausarbeiten: Nur mit größter Vorsicht! Korrektoren werden trotz allem einen Verweis auf den guten alten "Brockhaus" o.ä. bevorzugen.

Donnerstag, 4. Oktober 2007

Montag, 1. Oktober 2007

Wie schreibe ich im Gutachtenstil?

In vier Schritten – und nur in vieren. In der ungenauen Terminologie: „Obersatz, Definition, Subsumtion, Ergebnis“.

Der Einstieg setzt sich zusammen aus dem Prüfmerkmal („Labello-Stift“) und dem Sachverhaltsmerkmal („gefährliches Werkzeug“ i.S.d. § 250 I Nr. 1 a) 2. Fall StGB). [„Obersatz“]

Der Labello könnte ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 250 I Nr. 1 a) 2. Fall StGB sein.

Dann wird die Norm entfaltet [„Definition“]:

Ein gefährliches Werkzeug ist ein Gegenstand, der dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen.

Dieses „Entfalten“ wiederholt man, bis der Fall problematisch unter die Norm „gezogen“, „subsumiert“ werden kann [„Subsumtion“]:

Der Labellostift ist nicht geeignet, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.

Und das Ergebnis nicht vergessen [„Ergebnis“]:

Der Labello ist kein Werkzeug oder Mittel i.S.d. § 250 I Nr. 1 a)2. Fall StGB.

Aus mehr besteht ein Gutachten nicht. (Streitstände sind Teil des zweiten Schritts.)

An meiner Klausur steht „ungenau“. Was bedeutet das?

Der Einstieg könnte unsauber sein: Er muss stets Sachverhalt und das Prüfmerkmal benennen. Floskeln vermeiden („es ist an § X zu denken“ – und warum?).

Im zweiten Schritt („Definition“) muss die Norm entfaltet werden. Vielleicht wurde zu früh der Sachverhalt „druntergezogen“ – dann ist die Übereinstimmung von Norm und Sachverhalt nicht evident, die Argumentation ist dann ungenau.

Mein Aufbau ist angeblich „ungeordnet“. Wie kann ich das verbessern?

Sauberen Einstieg bilden: Prüfmerkmal und Sachverhaltsmerkmal benennen.

Einen Absatz pro Tatbestandsmerkmal bilden!

Schritt für Schritt einzelne Merkmale abarbeiten – erst „Mensch“, dann „tot“ dann „Handlung“ dann „kausal“. Nicht alles parallel.

Stets am Einstieg orientieren. Beantwortet der letzte Satz der Prüfung die eingangs aufgeworfene Einstiegsfrage?

Was heißt „Schwerpunktsetzung“?

Gemeint ist die Unterscheidung von juristischen Problemen und trivialer Subsumtion. Dies geschieht auch sprachlich: „Fraglich ist“ sollte nur geschrieben werden, wenn etwas wirklich fraglich (und nicht offenkundig) ist. Auch das mutige und entschiedene Verwenden des Feststellungsstils hilft beim Setzen von Akzenten. Die Frage lautet stets: Liegt die Antwort auf der Hand („Ist ein Füller ein Bleistift?“ „Nein!“) oder nicht („Ist ein Druckbleistift ein Bleistift?“ „kommt drauf an“). Im letzeren Fall: Ausführliche Normentfaltung geboten, besonders sauber subsumieren.

Wie schreibe ich „juristisch“?

Knapp und objektiv.

Nicht dagegen: Lange Sätze, viele Fremdwörter (oder sogar Latein), keine poilitischen Phrasen, Kraftwörter („offenkundig“, „natürlich“ etc.), keine Abtönungswörter („da ja“) und keine umständlichen, passivischen Formulierungen.

Merke: Juristische Aufsätze und Lehrbücher sind selten knapp und so gut wie nie objektiv! Sie sind kein Vorbild!

Wie vermeide ich das „Abschreiben der Norm“?

Durch Vermeidung des Konditionalstils:

„A hat einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB, wenn ein geschütztes Rechtsgut durch eine kausale Handlung rechtswidrig und schuldhaft verletzt wurde und der B daraus einen kausalen Schaden erlitten hat und dem A kein Mitverschulden vorzuwerfen ist.“

Besser:

“A könnte einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB haben. Dazu müsste ein Rechtsgut verletzt sein. (Prüfung...) Weiterhin müsste dies durch eine kausale Handlung des B geschehen sein (Prüfung).“

[Eleganz erlangt die letztgenannte Lösung wieder, wenn sie mit dem Feststellungsstil kombiniert wird. Vgl. diese Übersicht.]

Darf ich denn gar nicht den Urteilsstil benutzen?

Ich rate generell davon ab. Besser ist in jedem Fall der Feststellungsstil:

Indem T den Autolack der A zerkratzte, mithin in seiner Substanz beeinträchtigte, wurde As Eigentum verletzt.

statt:

T verletzte das Eigentum der A, da sie den Autolack zerkratzte.

Im Urteilsstil wird häufig die Definition unterschlagen – obwohl diese auch in den Urteilsstil gehört.